Forst hat vor dem klimatischen Hintergrund keine Zukunft

Die Forstwirtschaft in den letzten 150 Jahren hat mit dem Aufbau und der Unterhaltung von Fichten- und Kiefermonokulturen große Fehler begangen. Bodenschutz war ein Fremdwort und hat keine Bedeutung bei der Flächenbewirtschaftung gehabt. Das hat negative Auswirkungen auf das Wasserhaltungspotential, die Wasserqualität, die Grundwasserneubildungsrate, die Artenverarmung etc. – wie in der industriellen Landwirtschaft auch – gezeigt. Hohe Wertverluste und enorme Umweltschäden für die Gesellschaft wurden zur Gewinnmaximierung der Waldflächenbesitzer toleriert und stillschweigend hingenommen.  

Ein breites Umdenken v.a. bei den Privatwaldbesitzern hat erst eingesetzt als der Borkenkäfer die Nadelholzbestände niedermähte. Ein solches Szenario war durchaus zu erwarten. Bereits in der Mitte des letzten Jahrhunderts hat dieser niedliche Käfer viele ältere Fichtenbestände auch im Sauerland dahingerafft. Gelernt hat die Forstwirtschaft aus dieser Katastrophe nichts. 

Aktuell geschwächt durch Trockenstress und die Zerstörung der natürlichen Bodenstruktur durch die saure Nadelstreu fand der Käfer ideale Lebens- und Fortpflanzungsstrukturen vor. Die geschwächten Bestände haben der Käferinvasion nichts entgegen zusetzten. Nicht viele Fichtenbestände werden dieses Missmanagement überleben.

Auffallend ist in der derzeitigen Lage, dass einzeln oder in kleinen Gruppen eingestreute Altfichten in Mischwaldbeständen der Käferinvasion bisher relativ gut wiederstehen konnten. Günstige kleinklimatische Standortvorteilen, gute Wasserversorgung aufgrund einer weitgehend intakten Bodenstruktur und eine Abschirmung aus Laubbäumen gegen Käferanflug sind sehr wahrscheinlich ursächlich.

Das Mischwaldbestände deutlich widerstandsfähiger gegenüber einer Vielzahl an biotischen und abiotischen Ungunstfaktoren sind, ist als sehr altes forstwirtschaftliches Wissen einzustufen. Diese Erkenntnisse wurde bewusst auf vielen Forstflächen aus Gründen der Gewinnmaximierung nicht berücksichtigt.

Zukünftig braucht die Gesellschaft keine Monokulturen aus Nadelhölzer, welche auf eine maximale Gewinnerwirtschaftung ausgelegt sind. Vielmehr werden reich strukturierte Mischwälder benötigt, welche alle benötigten Wohlfahrtsleistungen für die Gesellschaft bereitstellen können. Gleichzeitig kann eine derartig betriebene Forstwirtschaft sicherstellen, dass die Auswirkungen des Klimawandels für die Waldbewirtschaftung beherrschbar bleiben. 

Einzelbaumentnahmen

Die Holzindustrie wird sich auf einen solchen Umbau der Forstflächen zwangsläufig einstellen müssen. Zukünftig werden in der Masse keine langen und geraden Fichtenstämme mehr zu Verarbeitung zur Verfügung stehen. Alle vorhandenen Baumarten werden verarbeitet werden müssen, um den enormen Holzhunger zu stillen.

Die Holzindustrie muss aus Eigennutz von der verschwenderischen Bereitstellung aller möglichen Holzprodukte Abstand nehmen. Vielmehr muss auf eine gesteigerte Veredelung der angelieferten Holzmengen Wert gelegt werden. Die Holzvorräte in den Beständen müssen deutlich angehoben werden.

Für die Waldbesitzer bedeutet das, dass die Bewirtschaftung viel mehr auf wertvolle Einzelbaumentnahmen angelegt sein wird. Das wiederum erzeugt eine enorme Ressourcenschonung in Bezug auf den Boden und den Wasserhaushalt. Die gegenwärtig angerichteten Schäden auf den Flächen durch den Einsatz extrem schwerer Forstmaschinen zur Werbung der abgestorbenen Fichten sind enorm. Viele Jahrhunderte brauchen die bei jedem Wetter befahrenen Böden, um sich von der enormen Bodenverdichtung zu erholen. Eine Katastrophe.

Holzverbrauch muss drastisch gesenkt werden, um eine effektive CO2 Speicherung generieren zu können

Aufgrund der Dimensionen können erst alte Bäume als effektive CO2 Speicherquellen angesehen werden. Junge Bäume bauen pro Jahr im Verhältnis zu alten Bäume nur wenig Masse auf. Entsprechend gering ist die Festlegung von CO2 im Holzvolumen. So legt etwa eine Fichte erst im Alter von 100 Jahren und mehr deutlich an Massenvolumen zu. Viel Masse kann noch mehr Masse erzeugen. Also steigt mit dem ansteigenden Alter eines Baums auch seine CO2 Speicherfähigkeit.

Aber bereits mit etwa 80 Jahre verschwindet etwa eine Fichte im Sägewerk. Das hat betriebswirtschaftliche Gründe, da Fichten in dieser Altersklasse im Sägewerk am wirtschaftlichsten verarbeitet werden können. Werden keine langlebigen Produkte aus dem Holz hergestellt wie etwa Bauholz für einen Dachstuhl, dann wird das wenige gebundene CO2 relativ schnell wieder an die Atmosphäre abgegeben. 

Der Klimawandel verlangt tatsächlich, dass zur wirtschaftlichen Nutzung vorgesehene Bestände viel älter werden müssen als das der gegenwärtigen forstwirtschaftlichen Praxis entspricht. Nur so können Wälder eine sehr wirksame CO2 Senke darstellen, welche dringend benötigt wird. Der Begriff des „nachhaltigen Rohstoffs“ sollte diesbezüglich noch einmal überdacht werden.

Der Holzverbrauch muss drastisch sinken, damit Bäume am Standort alt werden können, um möglichst viel CO2 langfristig festlegen zu können.

Heimische Baumarten können dem Klimawandel widerstehen

Die Diskussion um die Einführung trockenheitsresistenterer Baumarten zu Bewältigung der bereits verursachten Forstschäden durch den Klimawandel ist fehlgeleitet. Es würde auf diesem Planeten keine Bäume geben, wenn sich diese stationären Organismen nicht an Änderungen des Klimageschehens anpassen könnten. Der Einsatz fremdländischer Arten birgt ein Risiko für die Waldökosysteme, da mit ihnen ganz neue Organismen eingetragen würden. Ob solche Arten mit den völlig anders aufgebauten Böden hier langfristig zurechtkommen können, kann in fast keinem Fall als gesichert angesehen werden. Entsprechende Baumarten sind zudem für die heimische Fauna und Flora häufig nicht nutzbar. Beim Einsatz heimischer Arten besteht dieses Risiko nicht.

So ist bereits heute bekannt, dass sich Buchenkeimlinge aktuell auf die geänderten klimatischen Bedingungen einstellen. Sie lassen genetisch erkennen, dass sie eine höhere Resilienz gegenüber Dürreperioden ausgebildet haben. Die noch stehenden alten Mutterbäume zeigen diese genetisch fixierte Anlage noch nicht.

Um die entsprechenden Mechanismen voll zur Wirkung kommen lassen zu können, müssen die rein wirtschaftlichen Interessen am Wald in den Hintergrund treten. Der Mensch muss sich aus der Gründung und der Bewirtschaftung des Waldes deutlich zurückziehen. 

Stichwort: „Die Natur machen lassen“. Es ist bekannt, dass etwa eine 10 Jahre alte Buche aus Naturverjüngung bereits ein viel höheres Massenwachstum generieren kann als eine gepflanzte Vergleichsbuche am selben Standort. In den nordischen Ländern ist in der Forstwirtschaft das Prinzip der Naturverjüngung mit sich anbietenden Baumarten vor Ort wesentlich verbreiteter als etwa bei uns. 

Das bedeutet nicht, dass nicht etwa auf kleinen Parzellen auch mit gewünschten Arten in einen solchen Prozess eingegriffen werden kann. Auch etwa die maschinelle Flächenvorbereitung zur Schaffung besserer Keimbedingungen für Samenanflug kann eine sinnvolle unterstützende Maßnahme sein. Es gibt viele weitere Möglichkeiten die Natur als Unterstützer zur Wiederbewaldung einzusetzen. Eichelhäher und Eichhörnchen etwa sind als Waldgärtner bekannt. Werden diese Arten mit dem Angebot von Saatgut unterstützt, wird oftmals eine erstaunliche Flächenleistung geboten.

Nachhaltigkeit

Die Natur bietet viele Möglichkeiten. Nutzen wir diese sinnvoll. Ein Grundprinzip der Forstwirtschaft, welches leider in Vergessenheit geraten ist lautet: Nachhaltigkeit! Dieses wurde in der Nadelholzplantagenwirtschaft vergangener Jahrzehnte nicht berücksichtigt.