Überschwemmungen hängen auch mit verfehlter Forstpolitik zusammen
Einmal mehr verwundert es, dass in den Berichten über die Überschwemmungen in NRW, Rheinland-Pfalz und Bayern die Begriffe Forst und Wald synonym verwendet werden. Ein Forst ist eindeutig ein Wirtschaftsstandort, auf welchem primär Holz für Industrie und Gewerbe produziert wird. Daher wurde und wird dieser Aufgabe die weitere Funktionsvielfalt von Forstflächen generell untergeordnet. Holz muss produziert werden, um die unfassbaren benötigten Mengen an Bauholz, Papierprodukten, Werkstoffen, Brennholz etc. darstellen zu können.
Der explosive Holzverbrauch ist schlecht für das Klima!
Als nachwachsender Rohstoff stellt kaum jemand die Frage, ob im Holzbereich nicht auch Einsparungen und Recycling möglich und sinnvoll wären. Allgemeinwissen ist, dass Holz erst bei der Verbrennung das gespeicherte klimaschädliche CO2 wieder freisetzt. Wissenschaftlich betrachtet mag das richtig sein, aber in der Diskussion zumeist völlig vergessen wird der enorme Energieverbrauch, welcher zur Bereitstellung dieses Rohstoffes und dessen Weiterverarbeitung verbraucht wird. Ein prägnantes Negativbeispiel in dieser Argumentationslinie sind Brennstoffe wie etwa Pellets oder Baustoffe wie OSB-Platten, Spanplatten, Laminate und ähnliches. Diese können nur durch den Einsatz von hohen Energiemengen gepresst und somit hergestellt werden. Solche Baustoffe hinterlassen einen hohen CO2-Fußabdruck. Nachhaltig sind solche Produkte vor diesem Hintergrund definitiv nicht. Klimafreundlich auch nicht.
Viele Holzprodukte sind auch nicht nachhaltig, da sie nur in seltenen Fällen einer sinnvollen Wiederverwertung zugeführt werden!
Aber zur Produktion werden Forstflächen benötigt. Und auf diesen stehen in der Regel Rot-Fichten und/oder Kiefern in Monokulturen. Artenarme Lebensräume, welche in nur sehr eingeschränktem Umfang Wohlfahrtsleistungen für die Gesellschaft wie Erholung, Wasserhaltung, Lebensraum, Filterfunktionen für Wasser und Luft und vieles andere mehr erfüllen können.
Forstflächen sind Baumplantagen und haben mit Naturwaldflächen kaum Gemeinsamkeiten!
Das haben die ergiebigen Regenfälle der letzten Wochen gezeigt. Forstböden können nur noch eingeschränkt Wasser binden und kontrolliert in die Grundwasserspeicher und die Oberflächengewässer abgeben. Dieses Rückhaltesystem war den fallenden Regenmassen nicht mehr gewachsen. An vielen Orten konnte eindrucksvoll beobachtet werden, wie das Regenwasser über relativ Wasser undurchlässige und zudem noch verdichtete Böden oberflächig abgeleitet wurde. Grund hierfür ist der Prozess der Podsolierung und die Befahrung der Forstflächen mit tonnenschweren Forstmaschinen. Diese Problematik war v.a. auf Flächen feststellbar, auf welchen der Borkenkäfer die Fichtenbestände vernichtet hatte.
Wald muss primär Leistungen für den Umwelthaushalt und weitere Wohlfahrtleistungen für die Gesellschaft generieren. Erst sekundär darf er der wirtschaftlichen Nutzung dienen!
Auf intakten Waldflächen, welche sich zumindest als Mischwaldbestände präsentieren, konnten die oben beschriebenen Phänomene nicht beobachtet werden. Das entsprechende Bodengefüge unter solchen Waldflächen ist aufgrund des stark erhöhten Porenvolumens wesentlich aufnahmefähiger gegenüber solchen Starkregenereignissen.
Forstpolitik muss durch Waldpolitik ersetzt werden!
Um zukünftig derartig massive Schäden wie bei dem letzten Starkregenereignis vermeiden zu können, ist definitiv ein anderer nachhaltigerer und pfleglicher Umgang mit unseren Forstflächen erforderlich. An erster Stelle müssen solche Flächen ihre natürlichen Funktionen für den Naturhaushalt in vollem Umfang erfüllen können. Erst dann kann eine wirtschaftliche Nutzung in Betracht gezogen werden. Holzproduktion zur Herstellung von Heizstoffen ist klimapolitischer Wahnsinn. Holz als Baustoff ist nur alternativlos, wenn die Produktion mit dem Einsatz regenerativ erzeugter Energie einhergeht.
Nadelholzmonokulturen dürfen an keinem Standort mehr neu begründet werden, schon gar nicht durch den Einsatz von Steuermitteln. Bestehende Nadelholzmonokulturen müssen kurzfristig in Richtung Mischwaldflächen umgebaut werden.
Forstwirtschaft ebenso wenig nachhaltig wie die industrielle Landwirtschaft!
In der Öffentlichkeit wird seit Jahren unser System der Landwirtschaft – hier v.a. die Massentierhaltung – sehr kritisch diskutiert. Die Forstwirtschaft wird in diesen Diskussionsprozess leider bisher nicht entsprechend eingebunden. Beide Wirtschaftsbereiche habe aber große Auswirkungen in Bezug auf den Klimawandel.